Der Zauber des Neujahrsfunken

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„Lia, schau mal! Der Schnee glitzert heute ganz besonders!“ rief Ben begeistert und zeigte mit seinem kleinen Finger auf die frostige Wiese hinter ihrem Haus. Es war der Morgen nach Silvester, und die beiden Geschwister trugen noch ihre warmen Pyjamas unter den dicken Wintermänteln.

„Vielleicht ist das noch Zauber von gestern Abend“, überlegte Lia und blies kleine Atemwolken in die kalte Luft. „Papa hat doch gesagt, dass die letzten Funken der Raketen Wünsche erfüllen können.“

Ben riss die Augen auf. „Wirklich? Dann können wir doch nach den Funken suchen!“

Ohne zu zögern stapften die beiden los. Der Schnee knirschte unter ihren Stiefeln, und ihre Gesichter wurden von der Wintersonne gerötet. In Bens Jackentasche klimperte ein Marmeladenglas, das sie mitgenommen hatten, um die Funken einzufangen – falls sie wirklich welche fanden.

Hinter dem Gartenzaun führte ein kleiner Pfad in den Wald. Lia blieb stehen und sah sich um. „Wo fangen wir an zu suchen?“ fragte sie.

Ben grinste und deutete auf eine schmale Spur im Schnee. „Da! Ein Eichhörnchen war hier. Vielleicht hat es einen Funken gesehen!“

Die Spur führte tiefer in den Wald hinein. Die Äste der Bäume waren von Schnee bedeckt, und der Wald wirkte wie ein geheimnisvolles, glitzerndes Reich. Plötzlich hörten sie ein leises Knistern.

„Hast du das gehört?“ flüsterte Lia.

Ben nickte. „Das kommt da vorne aus der Lichtung!“

Die beiden schlichen vorsichtig näher. Als sie die Lichtung erreichten, hielten sie den Atem an. In der Mitte lag ein glitzernder Haufen aus kleinen, funkelnden Sternchen. Sie tanzten und hüpften wie kleine Glühwürmchen über den Schnee.

„Das sind die Neujahrsfunken!“ flüsterte Lia ehrfürchtig.

Ben öffnete sein Marmeladenglas. „Schnell, bevor sie wegfliegen!“

Doch als er näher trat, stoben die Funken auseinander und schwebten sanft in die Luft. Eine helle, klare Stimme erklang: „Halt, kleine Menschen! Was wollt ihr mit uns?“

Ben und Lia sahen sich erschrocken um, bis sie ein winziges Wesen auf einem Ast entdeckten. Es hatte Flügel wie ein Schmetterling, war kaum größer als Bens Hand und leuchtete in einem warmen Goldton.

„Wir… wir wollten euch sammeln, damit unsere Wünsche wahr werden“, stammelte Ben.

Die kleine Gestalt lachte. „Ihr müsst uns nicht einsperren, um eure Wünsche zu erfüllen. Die Neujahrsfunken sind frei und bringen Glück, wenn ihr sie mit dem Herzen teilt.“

„Aber wie teilen wir sie?“ fragte Lia neugierig.

Das Wesen flatterte näher und ließ ein paar Funken in ihre Hände rieseln. „Denk an etwas Schönes und teile es mit jemandem. Ein Lächeln, ein lieber Wunsch, eine gute Tat – das sind die wahren Funken. Probiert es aus!“

Ben und Lia sahen sich an. Lia kniff die Augen zu und murmelte: „Ich wünsche mir, dass Ben und ich heute ganz viel Spaß haben.“ Dann pustete sie die Funken in die Luft.

Ben grinste breit. „Ich wünsch mir, dass Mama und Papa heute mal eine Schneeballschlacht mit uns machen!“ Er pustete seine Funken ebenfalls.

Das Wesen nickte zufrieden. „Jetzt wisst ihr, wie es geht. Frohes neues Jahr!“ Und mit einem letzten Flügelschlag verschwand es.

Die Geschwister rannten lachend nach Hause. Dort erzählten sie Mama und Papa alles und schleppten sie hinaus in den Garten. Bald flogen Schneebälle durch die Luft, und der Tag war voller Lachen und Freude.

Am Abend, als Ben und Lia müde ins Bett fielen, fragte Ben leise: „Meinst du, die Funken haben wirklich geholfen?“

Lia lächelte. „Ich glaube schon. Aber am wichtigsten ist, dass wir selbst ein bisschen Zauber verbreiten.“

Mit diesem Gedanken schliefen sie ein, während draußen der Schnee weiter glitzerte – vielleicht ein kleines bisschen mehr als sonst.

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